Die "Alte Eiche"

Alte Eiche

Die "Alte Eiche" im Stegener Gemeindewald erzählt Ihre Lebensgeschichte

 

Hallo lieber Waldbesucher,

ich freue mich sehr, dass du mich gefunden hast und dass du dich für mich interessierst.

Ich bin, oder genauer gesagt war, die "Alte Eiche" aus dem Stegener Gemeindewald.

Ich bin, so genau weiß es keiner mehr, 250 Jahre alt. Gesehen hab ich hier am Waldrand jedenfalls schon viel . Manches war schön, manches auch nicht so. Über vieles habe ich mich gefreut, über so manches aber auch richtig geärgert.

Was ich zum Leben brauchte hab ich hier vor Ort über all die Jahre vorgefunden. Zuletzt ist es allerdings weniger geworden oder qualitativ schlechter. Wasser hat mir der Eschbach zum Beispiel immer direkt an die Haustür geliefert. Nährstoffe waren vorhanden, wenn auch nicht so üppig wie bei Kollegen auf anderen Standorten.

Der Moränenschotter aus Gneis hier gibt halt mittlerweile nicht mehr so viel her, aber es hat gereicht. Auch die Luft um mich herum war gut. Sie hat meine Blätter und Rinde umschmeichelt und aus reichlich CO2 habe ich Sauerstoff für die vielen Tiere und Einwohner von Stegen produziert.

Zuletzt war es aber nicht mehr so lustig. Vor ungefähr 70 Jahren hat es angefangen. Auf der Straße nach St. Peter sind immer mehr Autos gefahren. So hat es auch immer mehr gestunken und die Luft war oft von Abgasen geschwängert. Am Wochenende kamen dann noch Motorräder hinzu, welche einen unsäglichen Lärm um mich herum produziert haben. Ich höre nichts? Weiß man das so genau? In den Achzigern hat dann der saure Regen die wenigen Nährstoffe im Boden um meine Wurzeln herum stark ausgewaschen. Heute ist das durch den hohen Stickstoffgehalt in der Luft immer noch nicht viel besser.

Zuletzt, als ich nun doch schon ein gewisses Alter erreicht hatte, blieb plötzlich der Regen aus. Es gab in meiner Zeit immer mal wieder trockene Sommer. So trocken wie sie von 2018 -2020 waren, war allerdings kaum einer. Nach drei Jahren Trockenheit waren immer mehr Feinwurzeln abgestorben. Meine letzten Reserven an Feuchtigkeit im Holz und der Rinde waren aufgebraucht. Im Frühling 2021 hab ich nochmal versucht meine Blätter zum Start in das Jahr auszufahren. Leidlich ist mir das auch gelungen. Im Juni war dann aber Schluß . Die Blätter sind abgefallen wie im Herbst und ich habe sämtliche Aktivitäten eingestellt.

Bin ich gestorben?

Das will ich so nicht sehen. Viel Leben findet mittlerweile auf und in mir statt. Vor allem besuchen mich jetzt viele verschiedene Insekten, Pilze und Vögel. Bei mir geht es jetzt nochmal so richtig ab. Langweilig wird es mir jedenfalls derzeit nicht. Ich bin für die vielen Insekten und Pilze und auch für viele Vögel und andere Tiere richtig interessant geworden. Sie meinen, sie wären auf mein Todholz geradezu angewiesen und je länger ich hier noch stehen könnte umso besser.

Naja, den Gefallen will ich ihnen machen. 20 -30 Jahre sollte ich in dem Zustand schon noch durchhalten. Eigentlich sollte ich ja gefällt werden. Einige Schreiner waren regelrecht scharf auf das schöne Holz meines dicken Erdstammes. Hätte bestimmt auch einige schöne Tischplatten gegeben. Bin ja nicht der einzige Baum der hier im Wald keine Blätter mehr bekommt. Gerade von den Buchen sind ein par ganz versessen darauf noch ein par Jahre ein gutes Bild als Möbel abzugeben. Viel CO2 bleibt somit gespeichert und wird erstmal nicht frei. Das ist wieder gut fürs Klima und somit auch für unseren Nachwuchs hier im Wald.

Der Hirschkäfer jedenfalls hat aber ein gutes Wort für mich eingelegt und seine Wort wiegen schwer. Da hat der Förster dann entschieden, daß ich noch ein Weilchen an meinem Platz hier bleiben darf.

Alt zwar, für immer ohne Blätter, aber doch so voll mit Leben…

Vielen Dank an alle, die dies mit Geldspenden ermöglicht haben – die Gemeinde Stegen, der Forst, der NABU Dreisamtal, der AK Klimaschutz Stegen, die Musella-Stiftung und private Spender.